Zwei Exoten an der Spitze der SP
Mirjam Veglio und Ueli Egger präsidieren neu die SP Kanton Bern. Wichtiges Vorbild für beide ist Mani Matter, der indes ein Grüner war.

Sie wollten sich für dieses Interview am Mani-Matter-Stutz fotografieren lassen. Warum?Mirjam Veglio: Weil sein Lied «Dene wos guet geit» ein Symbol ist für die Grundhaltung der sozialdemokratischen Politik. Wir setzen uns für die Schwächeren der Gesellschaft ein. Dieser Liedtitel wird von vielen SPlern verwendet als Symbol für unsere Inhalte.
Mani Matter war aber ein Mitbegründer der heutigen Grünen Freien Liste, kein SP-Sympathisant. Ob grün oder rot spielt also keine Rolle?
Veglio: Das spielt sehr wohl eine Rolle! Bei der SP steht immer der Mensch im Zentrum. Insofern passen Mani Matters Liedtexte sehr gut zu unseren Inhalten.
Man hat den Eindruck, dass Sie beide das Präsidium nicht aus voller Überzeugung angenommen haben, sondern weil es niemand machen will. Sind das gute Voraussetzungen?Ueli Egger: Dem muss ich widersprechen. Als mich Roland Näf von der internen Findungskommission kontaktiert hat, habe ich gesagt, dass ich es nicht allein mache. Als aber klar war, dass ein Kopräsidium möglich ist, sagte ich zu. Ich kann so der Partei etwas zurückgeben. Veglio: Ich mache das ganz sicher nicht nur aus Pflichtbewusstsein. Das ist ein ganz kleiner Teil. Wenn ich etwas mache, überlege ich mir das sehr gut. Ich habe dann aus voller Überzeugung und auch aus Lust auf dieses Amt zugesagt. Ich will das und glaube, dass ich das kann.
Es haben zuvor mehrere Favoritinnen und Favoriten abgesagt. Fühlen Sie sich nun als Lückenbüsser?Veglio: Nein. Ich sehe mich als richtige Frau am richtigen Ort. Und es ist ja nicht immer das am besten, was am Anfang das Beste zu sein schien. Jetzt ist es an uns beiden, etwas daraus zu machen. Egger: Als ich das Anforderungsprofil gelesen habe, habe ich mir das zugetraut. Und ich habe die Möglichkeit gesehen, meine Anliegen einzubringen und etwas zu bewirken. Deshalb sehe ich mich nicht als Notlösung.
«Ich sehe mich als richtige Frau am richtigen Ort.»
Eine Stadtbernerin und ein Oberländer: Ist da eine Harmonie möglich?Veglio: Das ist ja genau die Chance. Egger: Bis jetzt klappt es hervorragend, obwohl wir uns noch nicht so gut kennen. Veglio: Wir müssen uns noch ein bisschen einschleifen.
Ein Kopräsidium bedeutet: Keiner ist der Chef. Das braucht eine sehr gute Organisation und Rollenverteilung.Veglio: Das ist richtig. Wir werden noch gemeinsam mit dem Vizepräsidium eine Sitzung haben, wo diese Aufgabenverteilung Thema sein wird. Egger: Eine wesentliche Motivation von mir ist es, den Ruf der SP im ländlichen Raum zu verbessern. Da sehe ich mich als Brückenbauer, der der Partei helfen kann, ihr Potenzial auf dem Land besser auszuschöpfen. Unter anderem in dieser Rolle sehe ich mich. Veglio: Das ist eine grosse Chance für uns. Die SP muss erkennen, dass die Realitäten auf dem Land oft andere sind als in der Stadt. Wir müssen da sensibler werden.
«Eine wesentliche Motivation von mir ist es, den Ruf der SP auf dem Land zu verbessern.»
Die klassische Frauenförderungspartei SP steht teilweise in der Kritik, weil sie den 66-jährigen Hans Stöckli erneut für den Ständerat nominieren will. Warum Mann statt Frau?Veglio: Weil sich die Frauenfrage mit der Wiederkandidatur von Hans Stöckli gerade nicht stellt. Er ist ein bewährter und hoch motivierter Amtsinhaber, der gewillt ist, für eine dritte Amtsperiode zu kandidieren. Die Frauenfrage bei Berner Ständeratswahlen wird für die SP im Zeitpunkt von Stöcklis Rücktritt wieder aktuell.
Eine wichtige Aufgabe wird es sein, das drohende Nachwuchsproblem zu lösen. Nach den einstigen Jungtalenten der SP Kanton Bern, den heutigen Nationalratsmitgliedern Nadine Masshardt und Matthias Aebischer, kommt nicht mehr viel.Veglio: Ich teile diese Einschätzung nicht. Wir haben sehr gute junge Leute. Ich denke da etwa an Tamara Funiciello. Sie ist ein Kaliber. Sie polarisiert zurzeit in ihrer Rolle als Juso-Präsidentin, hat dadurch nationale Bekanntheit erlangt. Sie wird sich in die SP hinein entwickeln. Ich erlebe sie schon heute im Grossen Rat als Toppolitikerin. Neben ihr haben wir Tanja Bauer, in der ich grosses Potenzial sehe.
Sie ist aber noch eher unbekannt.Veglio: Sie ist Gemeindeparlamentarierin in Köniz, Grossrätin und neu Vizepräsidentin der Kantonalpartei. Ihr traue ich viel zu. Egger:Mir kommt noch Matteo Langenegger in den Sinn. Er ist ebenfalls Vizepräsident der SP Kanton Bern und ein Talent.
Mit dem «Volksvorschlag für eine wirksame Sozialhilfe» kämpfen Sie nächstes Jahr an der Urne gegen SVP-Fürsorgedirektor Pierre Alain Schnegg. Ihre Prognose?Veglio: Es wird sicher schwierig. Die Gegner können mit plakativen Klischees operieren wie etwa dem Vorwurf, junge Sozialhilfeempfänger seien faul und machten es sich in der Sozialhilfe gemütlich. Da werden wir gefordert sein, die Leute mit Argumenten davon zu überzeugen, dass diese Vorurteile falsch sind.
Wie viel Geld nehmen Sie für die Kampagne in die Hand?Veglio: Konkrete Beträge kann ich keine nennen. Für SP-Verhältnisse werden wir sicher viel Geld ausgeben für diesen Abstimmungskampf. Egger: Wobei viel Geld bei der SP natürlich nicht dasselbe bedeutet wie bei anderen Parteien, die teilweise Industrielle im Hintergrund haben.
Sie werden also eher keinen sechsstelligen Beitrag einsetzen können?Veglio: Ich denke nicht.
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